SIGI ZIMMERSCHIED„Scheißhaussepp“
Rechts Herrenklo, links die Damen,
in der Mitte eine Sozialwohnung.
So ist das Leben.
Josef Lana führt einen gut eingesessenen Familienbetrieb in der vierten
Generation.
Aber der Staat hat öffentliche Bedürfnisse.
Es ist was faul.
Die Ungerechtigkeiten stinken bis zum Himmel.
Das Erbe ist weggespült.
Er kann es kaum mehr halten.
Die Töpfe sind leer.
Zwei Nullen, aber kein Komma.
Zapfenstreich.
Doch ein echter Lana gibt nicht auf.
Er schöpft Hoffnung.
Denn aus allen Kanälen dröhnt ein neues Credo:
Mehr Durchläßigkeit, weniger Papier.
Für eine neue Leichtigkeit.
Josef Lana bricht auf zur letzten Spielung.
Aber er begeht einen folgenschweren Fehler.
Er tritt in ein Amt.
Kunstgriff ins Klo
Sigi Zimmerschied setzt in seinem zehnten Soloprogramm dem "Scheißhaussepp" ein Denkmal
Eine fast zärtliche Faszination üben auf Sigi Zimmerschied Menschen mit Macken, Ecken, Kanten aus. Uriges Passauer Innenstadtgestein, Fliesenleger, Autolackierer Hausmeister - so sind sie seiner Figuren würdig: ungeschleckt, angepisst, wie der kauzig-kämpferische Kloputzer in seinem neuen Projekt "Der Scheißhaussepp", der die Gesellschaft vom Anus her besser kennt als vom Gesicht. Geht man von der Lederergasse Richtung Friedhof St. Severin, sieht man die öffentliche Bedürfnisanstalt, wo noch vor wenigen Jahren "zniefig’s dürr’s Manderl" seinem Geschäft mit dem Geschäft anderer nachging. Aus der Perspektive des literarisierten "Toilettenmanagers" Josef Lana entwickelt Zimmerschied ein tragikkomisches Familienepos, verbindet es dialektisch mit über einem halben Jahrhundert deutscher Sozialgeschichte. Erst gegen Ende des komplex gewebten Soloprogramms will er die einzelnen Handlungszündschnüre zur finalen Explosion entwirren. Dann entlädt sich das Energiepotenzial eines sarkastischen Sisyphos am Steilhang der Existenzbewältigung.
"Der Scheißhaussepp", der jetzt im Fraunhofer-Theater München-Premiere hat, scheint seelenverwandt mit Wick Wimmer aus dem Stationendrama "Für Frieden und Freiheit" von 1983. In den 90er Jahren hat Zimmerschied den Stoff als Volkstheaterstück konzipiert.
Nun montiert er es, dramaturgisch an "Ausschwitz’n" anknüpfend, zu einem kritisch-politischen Kafkarett: Ein Wirtshaustisch und ein Stuhl, eine Lichtstimmung sollen ihm wieder genügen, um das Publikum mitzureißen in Lana’s Irrweg durch die Institutionen.
Der verschuldete und von öffentlichen Auflagen tracktierte Kleinunternehmer ist entschlossen, trotz allgemeiner Krisenstimmung sein "Scheißhäusl zu retten".
Auf die Beamten wirkt sein Überlebenskampf so belustigend, dass sie ihn als Wartezimmerentertainer verpflichten. Kabarett als Pointenprostitution: Zimmerschied hat von jeher Beruf(ung) hinterfragt und seine Zuschauer veranlasst, über ihre Erwartungshaltung zu reflektieren. Doch hinter der Publikumsschelte verbirgt sich ungebrochene Lebensbejahung. Und nicht selten erlangen seine besudelten Figuren gerade durch Verzerrung ihre Würde zurück.
Eva Maria Fischer,
Süddeutsche Zeitung, Februar 2005
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Preise: Eintritt: 16,- € erm.: 13,- €