BÜLENT CEYLAN„Kebabbel net!“
ComedyKlartext reden seine Figuren schon immer gerne, denn was viele Zuschauer im ersten Moment als wohlgemeintes belangloses Gebabbel empfinden, erweist sich als hintersinniger und provokanter als von den, auf der Bühne versammelten Typen, alle dargestellt von Bülent Ceylan, zu vermuten war. Jetzt präsentiert Bülent sein neues Werk und mischt dabei in seinem bewährten Konzept wieder absolut Frisches mit anerkannt stabilen Grundlagen seiner vorhergehenden Programme.
Was für einen Kriminalkommissar ätzend langweilig sein kann, begeistert und beruhigt einen Fan von Bülent Ceylan entscheidend, nämlich die Ankündigung, dass sich auch in diesem Programm die üblichen Verdächtigen tummeln.
Die „Fälle“ mit denen sich Bülent’s Figuren diesmal beschäftigen müssen, ändern sich allerdings und zumindest bei der dialektgeplagten Anneliese dreht es sich ja sowieso eher um die eher flauschigen Felle, die sie und ihr permanent „meinender“ Gatte im familieneigenen Pelzhaus feilbieten.
Kaum lässt uns die mit Intelligenz nur spärlich ausgestatte Gemahlin eines neureichen Emporkömmlings teilhaben an ihren grundsätzlich extern entstandenen Meinungen, beschleicht uns sofort das Gefühl, dass wir es eigentlich gar nicht wissen wollen. Wir wissen nur sicher, dass wir genau dieses Gebabbel schon zur Genüge gehört haben. Aber, es kann sich niemand diesen Tiraden an Plattitüden entziehen, diesem im Grunde verächtlichen Blick hinunter auf die Menschen, die in den unteren sozialen Schichten verblieben sind, dort wo sie her kommt. Da tun sich Abgründe auf!
Wenn unser aller Freund Harald babbelt, dann „mannemerisch“ und das ist der deutsche Dialekt, der sogar in relativ neutralen Aussagen umfangreiche emotionale Botschaften transportieren kann. In der Kürze der stadtläufig verwendeten Bemerkungen liegt trotzdem jede Menge Würze. Da ersetzt ein Brummen eine ausführliche bedenkliche Meinung oder ein kurzes „Jou!“ die ansonsten in der Republik verwendete Formulierung: „Also ich bin der Ansicht, dass wir deinem Vorschlag folgen können und die Durchführung der geplanten Aktion auf diese Weise von statten gehen lassen können!“ Harald äußert sich direkt und unverblümt und wenn im neuen Programm Themen Peinlichkeiten auslösen können, dann sicher nicht bei ihm. Harald steht zu dem, was er sagt und zu den Folgen die sich daraus für ihn ergeben sowieso.
Gibt Hasan etwas von sich, dann ist es sicherlich nichts Materielles. Das was aber verbal in seiner unnachahmlichen Wortwahl auf uns einstürzt, fönt uns auf direktem Weg das Gehirn, verwirrt uns und ihn und lässt uns innerhalb von Sekunden unseren und leider auch seinen Mund offen stehen. Hasan bleibt der offenkundig geistig armselige aber körperlich beeindruckende Protz, versteckt seine Schwächen hinter Worten und Sätzen, durch die jeder sofort hindurchschauen kann und lässt uns dadurch ungewollt an den Untiefen seiner Persönlichkeit teilhaben. Gesteht er dann doch etwas ein, schielt er schon während der laufenden Enthüllungen auf das dadurch ausgelöste Mitleid, das er als eine der wenigen emotionalen Reaktionen seiner Umwelt auf ihn kennen und lieben gelernt hat.
Der türkische Gemüsehändler Aslan bewegt sich aufgrund seines fortgeschrittenen Alters naturgemäß in anderen Wissens- und Weisheitsregionen wie der Rest der Ceylan’schen Protagonisten und findet dadurch wesentlich leichter Halt in den Stürmen dieses unseres Lebens. Dort wo wir uns längst verloren hätten, hat er schon den Kopf aus der Schlinge gezogen und das Seil an den Meistbietenden versteigert.
Angelehnt an einen bekannten Werbespruch ist seine einzige Geilheit der Geiz und wenn er überhaupt etwas außerhalb seiner Kaffeehausbesuche treibt, dann äußerst durchtrieben und auf das penibelste gewinnorientiert. Diese Maxime beeinflusst auch die bevorstehende Auswahl der potentiellen Schwiegersöhne, die der Vater von einigen Töchtern im neuen Programm zu treffen hat. Wo die seiner Meinung nach wahren Qualitäten der Bewerber liegen, weiß er schon auf raffinierte Weise ausfindig zu machen und gerade deswegen gilt den bedauernswerten Verehrern unser spontanes Mitgefühl.
„Manitu sei’s getrommelt und geklagt!“ lautet der neuzeitlich abgewandelte aber dennoch weise Wahlspruch des einzigartigen Schamanen Karl-Heinz Huck. Nur minimal folkloristisch angehaucht, dafür aber vehement auf angeblich übernatürliche Kräfte beharrend, nimmt er sich auch diesmal wieder unlösbare Probleme vor. Ohne zu wissen, wo das liegt, befindet er sich immer wieder in Trance und macht sich auf die Reise in die Welt der Geister, um mit ausgeprägtem Willen zu heilen und zwischen den Sterblichen und der kosmischen Energie zu vermitteln. Seine in ihm wohnenden Kräfte sind natürlich übernatürlich, seine Botschaften gesalzen und seine Rechnungen gepfeffert.
Die beiden bereits bei „halb getürkt“ etablierten Pausen-Opas, die im Stile der beiden Alten aus der Muppet-Show, das Gesehene und das Vermutete kommentieren, nehmen im neuen Programm die eventuell ungeliebte Titelrolle wahr und bringen mit ihrem Gebabbel einiges auf den Punkt, was uns sonst eher auf die Palme bringt.
Endlich zurück auf der vakanten Position der Scharlatante von nebenan beschäftigt die ehemalige Gräfin Erika sich und uns mit dem weiten Thema der esoterischen Lebens-beratung. Liebeskummer, Depressionen, Burn-Out, Scheidung, Eifersucht und alle möglichen Ängste werden als Motive links liegen gelassen, denn Probleme dieser Art dienen nur zur Kaschierung der echten Defizite, die sich grundsätzlich alle eher im lustvollen körperlichen Bereich abspielen. Das zumindest ist nach Erikas Weisheit der letzte Schluss.
Mompfred Bockenauer, Hausmeeschder im oftmals kaum zu bändigenden Konglomerat an Typen und Passionen, besteht weiterhin auf seinem Anspruch auf Zucht und Ordnung. Er verweist in seinem ausgefeilt verbal-brutalen Sprachmuster nur zu gerne auf die objektiv zwar gering einzuschätzende, für ihn aber trotzdem ausreichende Machtposition, droht, fordert und zwingt seine Schäfchen zur ultimativen Bewunderung. Das gilt insbesondere für alles, was mit seiner aus welchen Gründen auch immer verpatzten Karriere als Rockstar zusammenhängt. Da wird gepoltert, gegrölt und genuschelt was das Zeug und das Gebiss gerade noch so hält und wenn wir alle ganz brav sind, dann dürfen wir wiederkommen.
Genau das ist es aber, was sich die meisten Menschen wünschen, die Bülent Ceylans vorherige Programme kennen. Nicht ohne Grund werden gerade die besondere Wandlungsfähigkeit des Mannheimer Comedians und die außergewöhnliche Gagdichte seiner Aufführungen als wichtigste Argumente bei der Beurteilung seiner Aufführungen genannt. Sicher gestellt ist dadurch aber auch, dass sich so mancher Lachanfall genüsslich auf dem ein oder anderen Zwerchfell räkeln wird und die gespeicherten Eindrücke in den Mundwinkeln für tagelange Nachwirkungen sorgen werden.
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Preise: Eintritt: 14,- € erm.: 11,- €